BAG: Im „Überstundenprozess“ alles beim Alten

Ein Aushilfsfahrer verklagte seine frühere Arbeitgeberin auf Zahlung eines Betrags von rund. 5.000 € für angebliche Überstunden. Pausenzeiten zu nehmen sei nicht möglich gewesen, weil andernfalls die Auslieferungsaufträge nicht hätten abgearbeitet werden können. Die Arbeitgeberin bestritt die Überstunden. Allerdings zeichnete das von der Arbeitgeberin installierte Arbeitszeiterfassungssystem nur Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, nicht aber die von ihr angeordneten Pausen auf.

Das Arbeitsgericht Emden meinte dazu, ein Arbeitgeber müsse die Inanspruchnahme von Pausenzeiten darlegen, wenn nur der Arbeitnehmer die Zahl der Überstunden beziffere. Zur Begründung berief sich das Arbeitsgericht auf das „Stechuhr“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.5.2019, dem zufolge die tatsächliche geleistete Arbeitszeit vom Arbeitgeber erfasst und dokumentiert werden muss. Vorliegend hätte – so das erstinstanzliche Gericht - die Arbeitgeberin die Inanspruchnahme von Pausenzeiten nicht hinreichend konkret dargelegt. Deshalb gewann der Arbeitnehmer die erste Instanz.

Dieser „innovativen“ Argumentation hat das Bundesarbeitsgericht jetzt mit Urteil vom 4.5.2022 (5 AZR 359/21) einen Riegel vorgeschoben. Das Bundesarbeitsgericht meint – wie schon zuvor das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in der Berufungsinstanz -, dass die bisherigen Grundsätze für die Beweislastverteilung im „Überstundenprozess“ weiterhin Bestand haben und auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dem nicht entgegensteht. Daraus folgt: der Arbeitnehmer hat nach wie vor darzulegen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers dazu bereitgehalten hat. Weiter hat er vorzutragen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat.

Im Interesse der Rechtssicherheit bleibt zu hoffen, dass sich auch die Instanzgerichte wieder an diesen Maßstäben orientieren.

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