Bundesarbeitsgericht: Kein qualifiziertes Arbeitszeugnis in Tabellenform mit Schulnoten

Der Arbeitgeber genügt den Anforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 GewO nicht, wenn er die Leistungen des Arbeitnehmers mit Schulnoten in Tabellenform bewertet.
Das Bundesarbeitsgericht stellte in seinem Urteil vom 27.04.2021 – 9 AZR 262/20 klar, dass diese Bewertungsform der erforderlichen Individualität nicht genüge.

Dem Rechtstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Arbeitnehmer und Kläger war ein Elektriker, der das Arbeitsverhältnis nach etwa zehnjähriger Tätigkeit bei der Beklagten kündigte. Das ausgestellte qualifizierte Arbeitszeugnis enthielt nach kurzer Zusammenfassung zu Arbeitnehmer, Unternehmen und Tätigkeiten des Arbeitnehmers im Unternehmen im Fließtext eine Bewertung der Leistungen. Diese Leistungsbewertung erfolgte in Anlehnung an ein Schulzeugnis. So wurden etwa „Fachkenntnisse allg.: befriedigend“ oder „Pünktlichkeit: befriedigend“ bewertet. Detailliertere Angaben zur Leistungsbewertung fanden sich auf dem Zeugnis nicht.  

Nachdem zunächst das Arbeitsgericht Herford der Klage des Arbeitnehmers – gerichtet auf ein Zeugnis in Fließtext – stattgab, tenorierte das Landesarbeitsgericht Hamm im Urteil wieder ein Arbeitszeugnis mit „schulartiger Bewertung“.

Das Bundesarbeitsgericht in dritter Instanz stellte zunächst klar, dass es dem Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers obliege, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Formulierungen und Ausdrucksweise stünden in seinem pflichtgemäßen Ermessen und er habe insofern einen Beurteilungsspielraum. Das qualifizierte Arbeitszeugnis sei eine individuell an den einzelnen Arbeitnehmer angepasste Beurteilung. Maßstab sei ein verständiger und wohlwollender Arbeitgeber.

Enthalten solle das Zeugnis eine Gewichtung der Leistungen und Eigenschaften des Arbeitnehmers, um den Zweck des qualifizierten Arbeitszeugnisses zu erfüllen.

Sofern der Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis in tabellarischer Form mit stichpunktartiger Tätigkeitsbeschreibung und einer Bewertung nach Schulnoten ausstellt, werde der beschriebene Zweck des qualifizierten Arbeitszeugnisses nicht erfüllt. Die gebotene Individualisierung der Leistung und Verhaltensbeurteilung werde mit diesem Zeugnis nicht erreicht. Die erwartete Gewichtung von Fähigkeiten und Eigenschaften sei nicht erkennbar. Dies werde regelmäßig nur durch Fließtext erreicht.

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