Bundesverfassungsgericht: Kommunales Schwimmbad und Grundrechtsbindung

Für den Besuch eines im Berchtesgadener Land gelegenen Freizeitbades hatten Ortsfremde den regulären Eintrittspreis zu entrichten, während den Einwohnern der Belegenheitsgemeinde ein Nachlass auf den regulären Eintrittspreis von ungefähr einem Drittel gewährt wurde. Alleingesellschafter der Betreiber-GmbH war ein Zweckverband, dem wiederum fünf Gemeinden und ein Landkreis angehörten. Ein verärgerter Badegast österreichischer Staatsangehörigkeit klagte gegen die GmbH u.a. auf Rückzahlung des Differenzbetrages.

Das zuständige Amtsgericht wie auch das Oberlandesgericht München erwogen einen Verstoß gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit, wiesen die Klage aber als unbegründet ab. Allerdings übersahen beide Zivilgerichte (u.a.), dass die Betreiber-GmbH – und nicht nur der Zweckverband als deren Gesellschafter – an die Grundrechte gebunden und die Gestaltung der Eintrittspreise daher am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zu messen war.

Die von dem österreichischen Badegast beim Bundesverfassungsgericht eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte daher Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht bekräftigte in seinem Beschluss vom 19.07.2016 (3. Kammer des Zweiten Senats - 2 BvR 470/08), dass die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt unabhängig von den gewählten Rechtformen und den Zwecken, zu denen sie tätig werden, bestehe. Für die Auffassung, wonach die in privatrechtlichen Handlungsformen jenseits des so genannten Verwaltungsprivatrechts „fiskalisch“ tätig werdende öffentliche Hand grundsätzlich keiner Grundrechtsbindung unterliege, sei kein Raum. Zudem sah das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG für gegeben. Zwar sei es den Gemeinden nicht von vornherein verwehrt, ihre Einwohner bevorzugt zu behandeln. Allerdings sah das Bundesverfassungsgericht in dem zu entscheidenden Fall keinen Sachgrund für die Differenzierung zwischen Einheimischen und Ortsfremden.

Nur zur Klarstellung: Die Grundrechtsbindung für privatrechtlich organisierte Unternehmen (z.B. Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften) besteht nicht nur dann, wenn, wie hier, die Gesellschaft ausschließlich der öffentlichen Hand gehört. Ein Unternehmen ist auch dann an die Grundrechte gebunden, wenn die Gesellschaft zwar private Mitgesellschafter hat, die zur öffentlichen Hand zählenden Gesellschafter das Unternehmen aber „beherrschen“.

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