Diskriminierung im Bewerbungsverfahren

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 03.03.2011 (Az: 5 C 16/10) entschieden, dass einer schwerbehinderten Bewerberin um ein Richteramt in Baden-Württemberg und in Bayern jeweils eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zusteht, weil sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Die Verfahren wurden wegen fehlender Feststellungen zur angemessenen Höhe der Entschädigung an den Verwaltungsgerichtshof Mannheim und an den Verwaltungsgerichtshof München zurückverwiesen.

Die Klägerin forderte eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (§ 15 Abs. 2 AGG), weil sie in beiden Ländern nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Als Grund hierfür gaben die Länder an, dass sie mit ihren Examensnoten das Anforderungsprofil nicht erfülle.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts hat die Klägerin Anspruch auf eine Entschädigung, weil sie entgegen der gesetzlichen Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber (nach § 82 Satz 2 und 3 SGB IX) nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

Der öffentlichen Arbeitgeber ist verpflichtet, schwerbehinderte Menschen, die sich um eine freie Stelle bewerben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Einladung darf nach dem Gesetz nur dann unterbleiben, wenn die fachliche Eignung des schwerbehinderten Bewerbers offensichtlich fehlt. Der öffentliche Arbeitgeber darf neben einer nachgewiesenen beruflichen Qualifikation auf Examensnoten nur abstellen, soweit vorab und bindend in einem Anforderungsprofil ein bestimmtes Notenniveau für die zu besetzende Stelle festgelegt wurde. Dies war weder in Baden-Württemberg noch in Bayern der Fall. Aus diesem Grund war es rechtswidrig, die Klägerin, die mit dem Zweiten Staatsexamen unstreitig die Befähigung zum Richteramt erworben hat, nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Somit greift die gesetzliche Vermutung gemäß § 22 AGG, dass die Klägerin durch Vorenthaltung der gesetzlichen Besserstellung benachteiligt wurde. Diese Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung greift auch dann, wenn die Klägerin im Ergebnis bei benachteiligungsfreier Auswahl wegen ihrer Noten nicht eingestellt worden wäre.

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