Gesetzliche Darlehenskündigungsrechte dürfen für kommunale Zweckverbände ausgeschlossen werden BGH:
Mit Urteil vom 14.12.2021 – AZ: XI ZR 72/20 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein allein aus Gemeinden oder Gemeindeverbänden bestehender kommunaler Zweckverband einem Gemeindeverband im Sinne des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB gleichgestellt sei und somit dessen Darlehenskündigungsrechte aus § 489 Abs. 1 und 2 BGB ausgeschlossen oder erschwert werden dürften.
Kläger des Rechtsstreits war ein kommunaler (Wasser-)Zweckverband, der aus Gemeinden und einem Landkreis bestand. Die Beklagte war eine Landesbank, welche mit dem Kläger durch Vertrag vom 30.10.2007 ein Kommunaldarlehen über zwei Millionen Euro mit einer Laufzeit bis zum 30.12.2033 mit gebundenen Sollzinssatz vereinbart hatte. Mit Schreiben vom 20.11.2017 erklärte der Kläger die ordentliche Kündigung des Darlehens zum 24.05.2018 und berief sich dabei auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wonach dem Darlehensnehmer zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang des Darlehens ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht.
Die Beklagte wies diese Kündigung zurück und berief sich auf eine Klausel im Darlehensvertrag, wonach Kündigungsrechte nach § 489 Abs. 1 und 2 BGB ausgeschlossen worden seien. Dies sei gemäß § 489 Abs. 4 BGB gegenüber dem Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde, einen Gemeindeverband, die europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften zulässig.
Der Kläger wiederum berief sich darauf, dass er als kommunaler Zweckverband von dieser Norm nicht erfasst, der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts damit unwirksam und die Kündigung des Darlehensvertrages folglich wirksam sei.
Nachdem das Landgericht Hannover noch der Ansicht des klagenden Zweckverbands folgte, gaben das Oberlandesgericht Celle sowie der Bundesgerichtshof der beklagten Landesbank Recht. Der klagende Zweckverband hatte den Darlehensvertrag im November 2007 nicht wirksam gekündigt.
Zwar sei der kommunale Zweckverband nicht im „Katalog“ des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB aufgeführt und einige Stimmen in der Literatur teilten die Auffassung des klagenden Zweckverbandes. Jedoch sprächen die gewichtigen Argumente für die Ansicht der beklagten Landesbank – der kommunale Zweckverband, der sich allein aus Gemeinden und/oder Gemeindeverbänden zusammensetzt, sei einem Gemeindeverband im Sinne des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB gleichzustellen.
Zunächst herrsche in den Bundes- und Landesgesetzen kein einheitlicher Sprachgebrauch hinsichtlich „des Gemeindeverbands“ vor. Öffentlich-rechtliche Institutionen bedürften zudem grundsätzlich nicht des Schutzes durch die ordentlichen Kündigungsrechte in § 489 Abs. 1 und 2 BGB. Wegen ihrer regelmäßig langfristigen Existenz – zumindest bezogen auf „Altverbindlichkeiten“ – und der Finanzierungsmöglichkeit über Umlagen, womit Bonitätsrisiken als „praktisch ausgeschlossen“ gelten, bekämen sie einen erheblichen Konditionenvorteil. Darüber hinaus seien die öffentlich-rechtlichen Institutionen grundsätzlich nicht auf eine von § 489 Abs. 1 und 2 BGB ermöglichte Umschuldung zur Anpassung an die aktuelle wirtschaftliche Lage angewiesen und daher nicht mit privaten Darlehensnehmern vergleichbar. Die Zweckverbandsmitglieder könnten zur Erbringung der nötigen Umlagen Steuern bzw. Beiträge aufstocken und seien nicht einem Insolvenzverfahren unterworfen.
Sofern der Zweckverband keine privaten Mitglieder habe, müsse er folglich dem Gemeindeverband gemäß § 489 Abs. 1 und 2 BGB gleichgestellt sein.