Keine Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Anmeldung der Forderung im Zwangsversteigerungsverfahren

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 30.03.2011 (Az: 5 B 11/11) über die Unterbrechung der Zahlungsverjährung entschieden.

Ein Zweckverband setzte mit Bescheid aus dem Jahr 2003 Beitragsforderungen fest, die der Schuldner nicht bezahlte. Im selben Jahr wurde der Schuldner gemahnt und der Zweckverband meldete seine Forderungen in einem Zwangsversteigerungsverfahren, welches bereits von einem anderen Gläubiger des Schuldners betrieben wurde, an. Ein möglicher Beitritt zum Zwangsversteigerungsverfahren nach § 27 ZVG erfolgte durch den Zweckverband nicht.

Das „Zwangsversteigerungsverfahren 2003“ blieb erfolglos. Auch die weiteren „Zwangsversteigerungs-verfahren 2005 und 2007“, in denen der Zweckverband seine Forderungen ebenfalls nur angemeldet hatte, führten nicht zu einem Zuschlagsbeschluss. Während des Zeitraumes der Anhängigkeit der Zwangsversteigerungsverfahren (bis zum Jahr 2010) mahnte der Zweckverband den Schuldner nicht.

Nach Ansicht des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts sind die Beitragsansprüche nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a SächsKAG i.V.m. § 231 Abs. 1 Satz 1 AO verjährt, weil die bloße Anmeldung einer Forderung keine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs darstellen würde. Der Zweckverband hätte den Schuldner innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 228 Satz 2 AO mahnen oder dem Zwangsversteigerungsverfahren - als Vollstreckungsmaßnahme - beitreten müssen.

Zwar sei der Rechtsprechung des BFH zu folgen und § 231 Abs. 1 Satz 1 AO dahin auszulegen, dass der Zahlungsanspruch der Behörde über die Frist des § 228 Satz 2 AO dann erhalten bleibt, wenn sie sich vor Ablauf dieser Frist entscheidet, Maßnahmen zur Verfolgung dieses Anspruchs zu treffen, und dies auch nach außen hin erkennbar werden lässt. Das trifft auf Maßnahmen zu, mit denen zwar der Erlass einer wirksamen bzw. rechtmäßigen Vollstreckungsmaßnahme verfehlt wird, welche aber doch die Entscheidung der Behörde kundtun, wegen Ausbleibens der Zahlung Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen zu wollen.

Ob sich in der Anmeldung einer Beitragsforderung zum Zwangsversteigerungsverfahren das Zahlungs-verlangen in gleicher Weise manifestiert, weil die Behörde hierdurch zum Ausdruck bringt, an der Forderung festzuhalten, und sie bei erfolgreicher Durchführung der Zwangsversteigerung eine Erfüllung durch Auskehr eines Teils des Versteigerungserlöses erreicht, ließ das Sächsischen Oberverwaltungs-gericht dahinstehen. Es fehle bereits an einer Bekanntgabe der Vollstreckungsmaßnahem durch den Zweckverband gegenüber dem Schuldner.

§ 231 Abs. 1 Satz 1 AO lege schriftlichen Zahlungsaufforderungen nur dann eine verjährungsunter-brechende Wirkung bei, wenn sie gegenüber dem Zahlungspflichtigen ergangen sind und nicht gegenüber irgend einem anderen Rechtssubjekt. Anderenfalls bewirke jede Äußerung eines Festhaltens an der Beitragsforderung, die weder gegenüber dem Schuldner erfolgt ist noch eine Vollstreckungs-maßnahme oder eine andere in § 231 Abs. 1 Satz 1 AO genannte Handlung darstellt, eine Unter-brechung der Verjährung, was mit dem abschließenden Charakter der aufgezählten Maßnahmen nicht zu vereinbaren wäre.

Der Zweckverband habe nach Ansicht des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts seine Anmeldungen zum Amtsgericht dem Schuldner nicht ausdrücklich mitgeteilt. Es reiche nicht aus, dass der Schuldner durch das Amtsgericht von der Anmeldung in Kenntnis gesetzt wird. Eine Außenwirkung i. S. einer Bekanntgabe entfalte ein Schriftsatz an ein Gericht nur dann, wenn er gerade auch den Zahlungs-pflichtigen darüber unterrichten soll, ob die Behörde an ihrer Forderung festhalten will. Dies sei jedoch - so das Sächsische Oberverwaltungsgericht - nicht Sinn und Zweck der Anmeldung der Forderungen im Zwangsversteigerungsverfahren. Mit der Anmeldung habe der Zweckverband nur das Amtsgericht und die jeweiligen Gläubiger darüber informieren wollen, dass ihm Forderungen gegen den Schuldner zustehen, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG vorrangig zu befriedigen sind. Gleichzeitig werde - zum unmittelbaren Nachteil der Gläubiger, die nur noch den verbliebenen Betrag erhielten - auf eine entsprechende Verteilung des Versteigerungserlöses hingewirkt. Eine durch das Amtsgericht vorgenom-mene Mitteilung der Anmeldungen an den Schuldner sah das Sächsische Oberverwaltungsgericht lediglich als Nebenfolge an.

Derzeit ist das Hauptsacheverfahren noch anhängig. Es bleibt abzuwarten, wie das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren entscheiden wird.

Unserer Ansicht nach ist Sinn und Zweck der Anmeldung einer Forderung in einem Zwangsversteige-rungsverfahren neben der Aufforderung an das Amtsgericht, die Forderung bei der Verteilung des Erlöses zu berücksichtigen, und der Information an die weiteren Gläubiger, dass und mit welchem Rang die Forderungen zu berücksichtigen sind auch die Unterrichtung des Schuldners, dass der Gläubiger an seiner Forderung festhält. Der Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass die vom Amtsgericht zwingend vorzunehmende Unterrichtung des Schuldners lediglich eine bloße „Nebenfolge“ sei, stellt unserer Ansicht nach eine unnatürliche Aufspaltung des einheitlichen Sachverhalts der Anmel-dung dar. Aufgrund der Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts empfehlen wir aber, vorsorglich zur Unterbrechung der Verjährung, den Schuldner z. B. gleichzeitig mit der Anmeldung der Forderung im Zwangsversteigerungsverfahren zu mahnen.

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