OVG Bautzen: Bauvoranfrage unter Ausklammerung des Rücksichtnahmegebots ist nicht bescheidungsfähig
In seinem Urteil vom 24.04.2025 – 1 A 106/21 hatte das Sächsische Oberverwaltungsgericht über eine Verpflichtungsklage für einen Bauvorbescheid zu entscheiden. Der Kläger wollte mit seiner Bauvoranfrage geklärt wissen, ob ein Lebensmittel-Discountmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.350 qm, hilfsweise 1.215 qm bzw. 1.100 qm, jeweils unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme nach der Art der baulichen Nutzung baurechtlich zulässig sei. Angaben zur tatsächlichen Größe des am Vorhabenstandort vorhandenen Bestandsmarktes erteilte der Kläger auf Nachfrage des beklagten Landkreises nicht.
Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass der zur Entscheidung gestellte Vorbescheidantrag wegen seiner inhaltlichen Mängel nicht bescheidungsfähig sei. Gemäß § 75 Satz 1 SächsBO ist vor Einreichung des Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Den Gegenstand und Prüfungsumfang des Vorbescheidsverfahrens bestimme der Bauherr durch die von ihm gestellten, für ein Baugenehmigungsverfahren entscheidungserheblichen Fragen, von denen die Bauaufsichtsbehörde - und in einem sich gegebenenfalls anschließenden Klageverfahren auch ein Verwaltungsgericht - nicht etwa durch die Prüfung von Fragen zu einem anderen, möglicherweise genehmigungsfähigen Vorhaben abweichen dürfe. Ein Bauvorbescheid könne dann nicht ergehen, wenn sachliche Teile eines Vorhabens so aus der Fragestellung ausgeklammert werden, dass eine verbindliche rechtliche Beurteilung des Vorhabens nicht möglich ist. Ob durch die Beschränkung der Fragestellung eine rechtliche Beurteilung unmöglich ist, hänge entscheidend von der Formulierung und Auslegung der zur Prüfung gestellten Frage ab, deren Beantwortung nicht offenbleiben dürfe.
Wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens im nicht überplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB geprüft werden soll, gebe diese Norm die im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens einzelnen zur Prüfung stellbaren Fragen vor. Nach Satz eins der Norm sei eine Bauvoranfrage zur Zulässigkeit des Vorhabens nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, möglich. Insoweit handele es sich um einen Ausschnitt aus der Baugenehmigung, über den eine Vorabentscheidung getroffen werden könne. Fragen, die die Grundlage dafür bilden, ob diese Voraussetzungen vorliegen - wie etwa die konkrete Bestimmung der näheren Umgebung als maßgeblichen Rahmen, in den sich das Bauvorhaben einzufügen hat - seien hingegen keiner isolierten Bauvoranfrage zugänglich. Die Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB ergebe, dass das Rücksichtnahmegebot unselbstständiger Teil des Einfügens sei. Damit stehe fest, dass das Rücksichtnahmegebot im Rahmen der Fragestellung nicht ausgeklammert werden könne. Denn ein Vorhaben in einer Gemengelage sei seiner Art nach erst dann bauplanungsrechtlich zulässig, wenn feststeht, dass es sich in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt. Das Rücksichtnahmegebot könne aus dieser Prüfung nicht ausgeklammert werden, weil es einen wesentlichen Bestandteil der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB darstelle und auf diese untrennbar rückwirke.