OVG Magdeburg: Neuregelung der außerkapazitären Vergabe von Studienplätzen teilweise landesverfassungswidrig

Das Land Sachsen-Anhalt hat durch Rechtsverordnung die Verteilung sogenannter „außerkapazitärer“ Studienplätze neu geregelt. In den letzten 40 Jahren wurden Studienplätze, die von Verwaltungsgerichten „aufgedeckt“ wurden, ganz überwiegend im Wege des Losverfahrens vergeben. Eine Regelung des Landes Sachsen-Anhalt sah demgegenüber im Ergebnis vor, dass derjenige Studienbewerber, der „außerkapazitär“ auf dem Gerichtsweg einen Studienplatz anstrebt, den er in dem von der Stiftung Hochschulzulassung für die „harten Numerus-Clausus-Fächer“ zentral durchgeführten Verteilungsverfahren nicht erhalten hat, sich vorab im sogenannten „Auswahlverfahren der Hochschule“ bei der Stiftung für Hochschulzulassung für diejenigen Studienorte bereits entschieden haben muss, für die er dann auch seine „außerkapazitäre“ Zulassung betreiben will. Zudem sollten die durch die Gerichte „entdeckten“ Studienplätze nicht mehr per Losverfahren verteilt werden, sondern über die Ranglisten des „Auswahlverfahrens der Hochschule“, für die auch leistungsorientierte Kriterien, insbesondere Abiturnoten, eine wichtige Rolle spielen. Diese Regelung hatte auch zur Folge, dass bestimmte Bewerbergruppen (zum Beispiel Zweitstudienbewerber) in Sachsen-Anhalt einen Studienplatz in „harten“ NC-Fächern nur über die ihnen zugedachten „Sonderquoten“ erhalten konnten. Eine zusätzliche Chance auf einen Studienplatz im Rahmen des „außerkapazitären“ Verfahrens war diesen Bewerbergruppen für in Sachsen-Anhalt gelegene Hochschulen verwehrt.

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg sieht in dieser Regelung einen Grundrechtsverstoß (Urteil vom 19.10.2011, Aktenzeichen: 3 K 326/11). Die Regelung sei mit Art. 25 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt nicht vereinbar. Nach dieser Bestimmung habe in Sachsen-Anhalt jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf seine Herkunft und wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabungen und Fähigkeiten fördernde Erziehung und Ausbildung. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben habe das Land Sachsen-Anhalt nicht hinreichend beachtet, da nach der Neuregelung ausländische Studienbewerber, welche nicht Bürger eines Mitgliedsstaates der EU seien, nunmehr generell nicht mehr an den Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalts eine zu niedrige Festsetzung der Ausbildungskapazitäten geltend machen könnten.

Auch einige andere Länder haben neuerdings eine entsprechende Regelung eingeführt. Die baden-württembergische Regelung hat bislang gehalten. Allerdings haben in Eilentscheidungen das Oberverwaltungsgericht Saarlouis (Beschluss vom 21.09.2011, Aktenzeichen: 2 B 308/11) für das Saarland und das Thüringer Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 27.09.2011, Aktenzeichen: 1 EN 468/11) für den Freistaat Thüringen die einschlägigen Regelungen vorläufig außer Kraft gesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob sich das neue System der „außerkapazitären“ Vergabe zumindest in einigen Bundesländern „halten“ wird.

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