Sächsisches OVG: Absetzung nicht eingeleiteter Abwassermengen bei der Niederschlagswassergebühr
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10.12.2013, Aktenzeichen 5 A 779/12, die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden zugelassen, in dem das Gericht Niederschlagswassergebührenbescheide der beklagten Gemeinde aufgehoben hatte. Die Gemeinde hatte Niederschlagswassergebühren festgesetzt, ohne die Abwassermengen abzusetzen, die wegen eines Regenrückhaltebeckens nicht in die Abwasseranlagen der Beklagten eingeleitet wurden. Die Beklagte hatte sich darauf berufen, dass nach der entsprechenden Satzungsregelung Anträge auf angemessene Kürzung der Gebühr im Einzelfall bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Gebührenbescheides zu stellen sind. Der Anspruch auf Kürzung setze daher die Festsetzung und Erhebung der Niederschlagswassergebühr voraus und könne die Festsetzung nicht rechtswidrig machen.
Im Zulassungsbeschluss folgte das Sächsische Oberverwaltungsgericht der Argumentation der Gemeinde. Bei der Satzungsregelung handle es sich um eine spezielle Bestimmung, die die abweichende Festsetzung von Abgaben aus Billigkeitsgründen (vgl. § 163 Satz 1 und 3 AO) zum Gegenstand habe und Ähnlichkeiten zum Erlass (vgl. § 227 AO) aufweise. Ein Anspruch auf abweichende Festsetzung mache aber einen Abgabenbescheid nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtswidrig. Der Kürzungsanspruch oder der Anspruch auf abweichende Festsetzung sei vielmehr in einem gesonderten Verfahren im Wege des Antrages, ggf. des Widerspruchs und der Verpflichtungsklage durchzusetzen. Im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Gebührenbescheid sei daher nicht zu prüfen, ob ein Anspruch auf Kürzung der Abwassergebühr im Einzelfall besteht. Der Niederschlagswassergebührenbescheid sei daher unabhängig von der Frage rechtmäßig, ob der vom Verwaltungsgericht bejahte Anspruch auf Kürzung wegen des Regenrückhaltebeckens besteht.
Der Senat wies noch darauf hin, dass bei der Frage, ob fristgerecht ein Antrag auf Kürzung gestellt wurde, auch der Widerspruch und die darin enthaltene Begründung heranzuziehen sei.
Je nach Ausgestaltung der entsprechenden Regelungen in den Satzungen sind daher Absetzungstatbestände entweder bereits bei der Gebührenfestsetzung oder erst in einem gesonderten Antragsverfahren zu prüfen. Das gesonderte Antragsverfahren hat den Vorteil, dass im Rahmen der Gebührenfestsetzung nicht bereits ggf. umfangreiche Fragen zu Absetzungsmöglichkeiten geklärt werden müssen. Mit dem gesonderten Antragsverfahren dürfte aber auch ein nicht unerheblicher verwaltungstechnischer Mehraufwand verbunden sein.