Schäden bei Baggerarbeiten – Ansprüche des geschädigten Grundstückseigentümers aus § 823 BGB

OLG München, Urteil vom 20.01.2025, Az. 17 U 8292/21

Das beklagte Tiefbauunternehmen führte auf einem Wohngrundstück Baggerarbeiten durch, in deren Folge ein auf dem Nachbargrundstück des Klägers im Boden verlegtes, 48 Meter langes Erdrohr beschädigt wurde. Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand kein Vertragsverhältnis.

Zur Ermittlung der Schadenshöhe beauftragte der Kläger einen Bausachverständigen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das beschädigte Rohr nicht abschnittsweise repariert, sondern vollständig auf ganzer Länge ausgetauscht werden müsse. Für seine Tätigkeit stellte der Sachverständige 1.300,00 € brutto in Rechnung.

Die Haftpflichtversicherung des beklagten Unternehmens war der Ansicht, dass eine Teilreparatur ausreichend sei und zahlte dafür einen entsprechenden Betrag. Damit gab sich der Kläger nicht zufrieden. Er klagte auf Zahlung weiterer 6.300,00 € – für den vollständigen Austausch des Rohres sowie die Sachverständigenkosten.

Das Oberlandesgericht entschied in zweiter Instanz, dass das beklagte Unternehmen dem Grunde nach gemäß § 823 Abs. 1 BGB (unerlaubte Handlung) haftet. Es hätte sich vor Beginn der Arbeiten über die Existenz und den Verlauf etwaiger Leitungen informieren müssen. Insbesondere hätte es sicherstellen müssen, dass der zu bearbeitende Baugrund frei von unterirdischen Leitungen ist. Ein bloßes Berufung auf Unkenntnis entlastet es nicht.

Hinsichtlich der Schadenshöhe stellte das Gericht jedoch klar, dass dem Kläger lediglich ein Anspruch in Höhe der Reparaturkosten zusteht. Nach den Feststellungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen war eine vollständige

Neuverlegung des Rohrs technisch nicht erforderlich. Da das Rohr bislang nicht ausgetauscht wurde, ist der Schaden auf Basis der voraussichtlichen (fiktiven) Kosten zu bewerten – jedoch nur in Höhe der Nettoreparaturkosten. Eine fiktive Abrechnung hat das Gericht grundsätzlich für zulässig erachtet, solange der Geschädigte Eigentümer der betroffenen Grundstücks ist.

Bei der fiktiven Abrechnung werden die zur Beseitigung des Schadens erforderlichen Netto--Reparaturkosten ersetzt, auch wenn die Reparatur tatsächlich (noch) nicht vorgenommen wurde. Allerdings ist der Schadensersatz auf den Betrag zu begrenzen, der für eine sachgerechte Instandsetzung notwendig ist.

Die Kosten für den vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen hat das Gericht hingegen zugesprochen. Es handele sich hierbei um einen sogenannten „Herausforderungsschaden“. Der Kläger durfte sich durch das Verhalten des beklagten Unternehmens veranlasst fühlen, ein Gutachten zur Schadenshöhe einzuholen. Das Gericht verwies insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Werkvertragsrecht, wonach sich der Auftraggeber zur Einholung eines Sachverständigen herausgefordert fühlen dürfte, wenn der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung nicht vornimmt.

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