Umfang der Verschwiegenheitspflicht eines Gemeinderatsmitglieds vor einer Gemeinderatssitzung

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat mit Beschluss vom 08.07.2016 – 4 B 366/15 über eine Kommunalverfassungsstreitigkeit entschieden, bei der es um die Pflicht zur Verschwiegenheit im Hinblick auf die vor den Sitzungen des Gemeinderats übersandten Sitzungsunterlagen ging.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Gemeinderatsmitglied veröffentlichte vor den Sitzungen des Gemeinderats die vollständigen Tagungsunterlagen auf der Internetseite des Kreisverbandes seiner Partei. Der Gemeinderat, vertreten durch den Bürgermeister, beantragte vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz eine einstweilige Anordnung gegen das Gemeinderatsmitglied mit dem Ziel, dass dieses es zukünftig unterlässt, die Sitzungsunterlagen vor Eintritt in die öffentliche Sitzung des Gemeinderats auf der Internetseite seiner Partei oder auf sonstige Weise zu veröffentlichen. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hatte den Antrag abgelehnt. Auf die Beschwerde des Gemeinderates gab das Sächsische Oberverwaltungsgericht dem Eilantrag allerdings statt.

Nach § 19 Abs. 2 S. 1 SächsGemO ist der ehrenamtlich Tätige, wozu nach § 35 Abs. 1 S. 1 SächsGemO auch die Gemeinderatsmitglieder gehören, zur Verschwiegenheit u.a. über die Angelegenheiten verpflichtet, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich ist. Darunter fallen zunächst alle Angelegenheiten, deren Mitteilung an andere dem Gemeinwohl oder den schutzwürdigen Interessen einzelner Personen zuwider laufen würde. Darüber hinaus besteht eine Amtsverschwiegenheit aus der Natur der Sache bei internen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung. Hierzu gehören nach Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die den Einladungen zu den Gemeinderatssitzungen beizufügenden Unterlagen. Die Sitzungsunterlagen dienen allein der Unterrichtung innerhalb des Gemeinderats und der Vorbereitung von Abstimmungen im Gemeinderat. Das Gemeinderatsmitglied wurde deshalb verpflichtet, es zu unterlassen, Unterlagen des Gemeinderats vor Eintritt in die jeweilige öffentliche Sitzung auf der Homepage des Kreisverbandes seiner Partei oder auf sonstige Weise zu veröffentlichen. Es wurde außerdem verpflichtet, die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

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